Pic-Me – Fly to the Locations Where Users Send Posts

Online-Projekt für interaktive Medienkunst-Installationen

Mit Pic-Me kann man virtuell an den Orten fliegen, von wo aus BenutzerInnen zufällig ausgewählte Posts auf Instagram senden. Eine andere Sicht, wie Medien Posts auf sozialen Netzwerken behandeln.
Man könnte diese Posts – Bilder oder kurze Videos, versehen mit Kommentaren und Tags – als digitalen Smalltalk oder persönliches Gespräch beschreiben. Aber anders als direkte persönliche Gespräche werden sie von Regierungen, Firmen und Forschungsinstitutionen gesammelt, archiviert und so in dauerhafte Geschichten umgewandelt. Wir wissen heute nicht, welche langfristigen Folgen und Auswirkungen die Archivierung dieser oft persönlichen und emotionalen Beiträge haben.
Die Arbeit von Marc Lee lässt uns über die Eigenschaften der digitalen Welt nachdenken. Was passiert beispielsweise mit den riesigen Datenmengen, welche weltweit von Menschen erzeugt und von Institutionen gesammelt werden?
Text: Sabine Himmelsbach

Pic-Me V2 (Version 2), 2016 – needs the Google Earth App

Pic-Me V1 (Version 1), 2014 – 2016, benötigte das Google Earth Browser-Plug-in.

Beschreibung
Über die Handy-App Instagram lässt sich jeder Augenblick als Foto oder kurzes Video hochladen und innert Sekunden mit der ganzen Welt teilen. Quadratisch, anachronistisch anmutend – weil oft mit Filtern überzogen –, meist mit kurzen Beschreibungen und Geotags versehen, spiegeln die Posts wie Tagebucheinträge das Leben ihrer User.

Marc Lees neuestes Online-Projekt Pic-Me setzt die Posts in Kontext zur Umgebung des Nutzers und verortet diese auf Google Earth. Im typischen Zoom-Verfahren, das uns innert Sekunden hin zum konkreten Zielort auf dem Erdball «fliegen» lässt, werden die Nutzer lokalisiert und per Adresse verortet. Zudem kann man nach spezifischen Usern und Tags suchen: http://pic-me.com/berlin beispielsweise greift auf Instagram-Posts zu, welche mit dem Tag «Berlin» versehen sind. Ausserdem lässt sich durch Klicken auf das Profilbild eines Users auch sein Weg verfolgen. Dass auf Social Media Plattformen Funktionen wie beispielsweise Geotagging als Standardeinstellungen aktiviert sind, ist vielen Usern nicht bewusst. So werden oft ungewollt viele persönliche (Zusatz-)Informationen preisgegeben.

Im Aufeinanderprallen der Internet-Giganten Google und der Social Media Plattform Instagram von Facebook stellt Pic-Me die Frage nach den Datenspuren und ihrem ambivalenten Status zwischen Anonymität und einer genauen Sicht- und Lokalisierbarkeit des Einzelnen. Was passiert mit diesen persönlichen und oft emotionalen Geschichten, welche als riesige Datenmengen von kommerziellen Unternehmen, von Forschungsinstitutionen und von Regierungen gesammelt werden? Was sind die Konsequenzen eines solchen Datenarchivs, welche Geschichten von Welt werden sie erzählen, und welche Rolle wird darin der Einzelne spielen? Auch wenn abzuwarten bleibt, was dieses Sammeln und Archivieren für langfristige Auswirkungen und Konsequenzen hat, lohnt es sich jetzt schon, sich Gedanken darüber zu machen.
Text: Doris Gassert

Awards
🏆 Social Media Art Award, Phaenomenale, Wolfsburg, Deutschland (2015)
Jury: „Das Werk regt auf eindrucksvolle Weise zum Nachdenken über die Konsequenzen von Datenarchiven an und hinterfragt die Rolle des Individuums im www.“
Jury-Mitglieder: Andreas Broeckmann vom Centre for Digital Cultures der Leuphana Universität Lüneburg und Marcel Schwierin, dem Leiter des Edith-Russ-Haus für Medienkunst, auch Justin Hoffmann (Kunstverein Wolfsburg), Monika Kiekenap-Wilhelm (Kulturwerk der Stadt Wolfsburg), mehr

🏆 Bogdanka Poznanovic Award for the best video installation, live piece, software, 21st Videomedeja (2017)
Jury-Mitglieder: Theus Zwakhals aus Hollands, Dalibor Barić aus Kroatien und Vladimir Tupanjac aus Serbien, mehr

 

Screenshots

 

Versionen
Pic-Me V1 (Version 1), 2014 – 2016, benötigte das Google Earth Browser-Plug-in, welches bis anfangs 2016 verfügbar war.
Pic-Me V2 (Version 2), 2016 – wurde für die Google Earth-App entwickelt. Neben dem technischen Update wurde auch das Design modernisiert: Das Aussehen der Posts wurde Instagram angeglichen, Schriftarten, Farben und Icons. Der Anflug suggeriert stärker eine Art «militärischer» Angriff in unsere Privatsphäre.